Erfahrungen
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Freiwilligenarbeit
Vom Mauerblümchen zur selbstständigen Abenteurerin
Zuletzt geändert:
22. Juli 2022
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3. Mai 2018
von
Sina
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3 minutes Lesezeit
Von dem schüchternen jungen Mädchen, das in das Flugzeug nach Peru gestiegen ist, ist kaum noch etwas übrig geblieben.
Das Abitur ist in der Tasche. Und was kommt jetzt? Arbeiten? Eine Ausbildung? Oder doch ein Studium? Für mich war ziemlich schnell klar, dass ich eigentlich noch gar nicht genau wusste, was ich nach der Schule machen wollte. Also wollte ich erst mal die große weite Welt erkunden und im Ausland arbeiten. Kurzerhand habe ich mich auf eine Freiwilligenstelle im Ausland beworben und einen Platz in Lima, Peru, angeboten bekommen. Viele Menschen in meinem Umfeld waren überrascht und einige haben sogar geäußert, dass sie sich nicht vorstellen können, dass ich es ein Jahr in Peru aushalte, so ganz alleine ohne meine Familie und Freunde.
Kurze Zeit später saß ich auch schon im Flieger nach Lima, der Hauptstadt Perus. Die ersten Tage habe ich dort wie in Trance erlebt. Ich konnte kaum Spanisch und kannte mich in der riesigen Metropole am pazifischen Ozean nicht aus. Irgendwie habe ich die ersten Tage überstanden und mich langsam an die neue Umgebung gewöhnt. In der zweiten Woche in Peru habe ich endlich meine Freiwilligenarbeit angetreten. Ich durfte in zwei tollen Projekten arbeiten: Vormittags habe ich in einer Schule für mehrfach behinderte Kinder die Lehrkräfte unterstützt und Nachmittags und am Wochenende habe ich behinderte Kinder und ihre Familien in einem sehr armen Viertel von Lima besucht. Zusammen mit einer anderen Freiwilligen habe ich Workshops organisiert und probiert, ein Gruppengefühl zu schaffen. Als behinderte Person in Deutschland gehört man ganz selbstverständlich zur Gesellschaft. In Lima ist das oft nicht der Fall. Darum war unsere Arbeit auch sehr wichtig, denn inzwischen sind viele der Kinder vom Staat anerkannt.
Besonders in der ersten Zeit fiel mir die Arbeit manchmal sehr schwer, denn die Menschen, die wir unterstützt haben, haben teilweise unter furchtbaren Umständen gewohnt. Auch wenn wir alles gegeben haben um dies zu verbessern, war es doch nicht immer möglich. Gleichzeitig kann ich aber auch sagen, dass das Jahr in Peru das schönste war, was ich je erleben durfte. Die Dankbarkeit und Freude, die uns entgegengebracht wurde, war das schönste Geschenk, was uns die Familien machen konnten. Bis heute engagiere ich mich daher in Peru, auch wenn ich schon lange nicht mehr dort wohne.
Natürlich habe ich nicht nur gearbeitet. Im Sommer, was dort im Januar und Februar ist, ist es oft über 30 Grad warm und darum sind die Schulen zwei Monate lang geschlossen. Diese Zeit habe ich genutzt um mit einigen einheimischen Freunden reisen zu gehen. Wenn man in Peru ist, sollte man alle drei Zonen gesehen haben. Es gibt nämlich die Küste (Costa), die Berge (Sierra) und den Regenwald (Selva). Wir sind in Lima gestartet und entlang der Panamericana bis zur weißen Stadt Arequipa gefahren und dann über die Grenze nach Chile. Auch die bekannte Inkastätte Machu Picchu haben wir uns angeschaut. Solltest du je die Chance bekommen, nach Peru zu reisen, darfst du dir Machu Picchu nicht entgehen lassen, denn diese wahnsinnig beeindruckende Stadt bietet einen Ausblick über die unberührte Natur des Regenwaldes.
Inzwischen lebe ich nicht mehr in Peru, auch nicht in Deutschland, sondern in den Niederlanden. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland hatte ich einen schlimmen Kulturschock und fühle mich in meiner Heimat nicht mehr wohl. Trotzdem wollte ich auch nicht mehr am anderen Ende der Welt leben, sondern in der Nähe meiner Familie. Da ich inzwischen auch wusste, was ich studieren wollte, habe ich mein Studium in Wageningen begonnen. 5 Jahre später habe ich einen tollen Job in Leeuwarden, spreche neben Deutsch und Englisch auch fließend Spanisch und Niederländisch und fühle mich pudelwohl. Von dem schüchternen jungen Mädchen, dass in das Flugzeug nach Peru gestiegen ist, ist kaum noch etwas übrig geblieben. Stattdessen habe ich mich zu einer selbstständigen und selbstbewussten Frau entwickelt. Ohne meine Zeit im Ausland wäre ich heute nicht die, die ich bin.
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